Im Jahre 1998 war im Rahmen des Wiederaufbaus der Franckeschen Stiftungen die evangelische St. Georgs-Kapelle eingeweiht worden. Deren Georgs – Patrozinium erinnert an die Georgenkirche unweit der Franckeschen Stiftungen, die erste Kirche Franckes vor den Toren der Stadt Halle, an welche er berufen worden war. Nach der Einrichtung der St. Georgs-Kapelle blieben zwei schöne Tonnengewölbe gegenüber dieser Kapelle noch ohne Zweckbestimmung. Angesichts der engen Verbindungen der Stiftungen und der Universität zu Russland und zur Russischen Orthodoxen Kirche machte der Direktor des Seminars für Konfessionskunde der Orthodoxen Kirchen der Theologischen Fakultät der Martin–Luther-Universität Halle – Wittenberg, Prof. Dr. Hermann Goltz, gegenüber dem damaligen Direktor der Franckeschen Stiftungen, Prof. Dr. Paul Raabe, den Vorschlag, für die orthodoxen Stipendiaten der Universität Halle – Wittenberg, aber auch für die orthodoxen Christen der Stadt Halle und Umgebung, zum Zeichen Ökumenischer christlicher Verbundenheit eine orthodoxe Hauskirche in diesen Gewölben einzurichten.

Nachdem das Kuratorium der Franckeschen Stiftungen, dem damals Bundesaußenministers a. D. Hans Dietrich Genscher vorsaß, unter Mitwirkung der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen dem Plan zugestimmt hatte, wurde der Russischen Orthodoxen Kirche seitens der Franckeschen Stiftungen vorgeschlagen, die künftige orthodoxe Hauskirche unter ihre Jurisdiktion zu stellen. Nach Zustimmung von S.E. Erzbischof Feofan von Berlin übernahm Priester Alexei Tomiouk (Leipzig) von orthodoxer Seite die Leitung bei der Einrichtung der Orthodoxen Hauskirehe in den Franckeschen Stiftungen. Nach der Beendigung der Arbeiten hat das Oberhaupt der gesamten Russischen Orthodoxen Kirche, S. H. Patriarch Aleksij II. von Moskau und ganz Russland, Prof. Dr. Paul Raabe und Prof. Dr. Hermann Goltz stellvertretend für alle, die an der Schaffung der hallischen orthodoxen Hauskirche beteiligt waren, mit dem Orden des Rechtgläubigen Fürstm Danill von Moskau ausgezeichnet. In die Kirche, die in den Gewölbe – Substruktionen des Hauses 24 untergebracht ist, führt eine uralte steinerne Haustreppe hinab. Bereits der Vorraum zwischen der evangelischen St.–Georgs-Kapelle und der orthodoxen Hauskirche macht einen wunderbaren architektonischen Eindruck. Hier wurde ein alter Taufstein aus römischer Zeit ausgestellt – ein symbolisches Baptisterium für orthodoxe, evangelische und katholische Christen. Der Taufstein ist das Zeichen der einen Taufe kann die verlorene und wiedererstrebte Einheit der Kirchen. Die orthodoxe Hauskirche, in welche man aus dem Vorraum gelangt, wurde nach dem klassischen Tradition orthodoxer Kunst gestaltet, wie sie sich auch in der altrussischen Kirche ausprägten. Die Hauskirche besteht aus dem eigentlichen Kirchenschiff des Heiligen Kreuzes im südlichen Tonnengewölbe und aus der Vorkirche (einem Endonarthex) im nördlichen Tonnengewölbe. Vorkirche und Hauptkirche sind durch einen Durchgang in der Mitte der Gewölbe verbunden.

Die miteinander verbundenen Kirchenräume erinnern in überraschender Weise an uralte Tradition der orthodoxen Kirchenarchitektur, etwa an kleine kappadozische Höhlenkirchen oder an die doppelschiffigen Kirchlein auf der Insel Kreta. Glücklicherweise ist der alte Kern der Franckeschen Stiftungen, der “Lindenhof” wie ein alter christliche Tempel in West – Ost – Richtung angelegt, sodass auch die Gewölbe der orthodoxen Hauskirche geostet sind und die Stellung des Altars damit der alten christlichen Tradition entsprechen kann: „Ex oriente lux!“

Die schwierigen baulichen Vorbereitungen nahm der um den Wiederaufbau der Franekeschen Stiftungen Hochverdiente Hannoveraner Architekt, Wilfried Ziegemeier, zusammen mit seiner tatkräftigen Bauleiterin, Frau Annette Lerch vor. Nach diesen Vorbereitungen konnte die Hauskirche in orthodoxer Manier vollständig ausgemalt werden. Die Kirchgemeinden von Halle und Umgebung haben in ökumenischer Weise Mittel für die Kirchenausstattung zusammen mit der orthodoxen Gemeinde gesammelt. Auf Vermittlung des damaligen Bürgermeisters von Halle, Dr. Klaus Rauen hat die Sparkasse Halle einen bedeutenden finanziellen Beitrag geleistet, der es erlaubte, das Werk, das nun auch ein sehr bemerkenswertes, seltenes Kunstdenkmal in Deutschland darstellt, auszuführen. Aus ganz Deutschland und aus dem Ausland kommen nun bereits Besucher, um diese “Heilige Höhle” des orthodoxen Christentums im Herzen Deutschlands, Heimat für die orthodoxen Christen in der Fremde, zu besuchen.