Die Universität Halle und die Franckeschen Stiftungen waren schon im 18. Jahrhundert das Ziel orthodoxer Russen, Griechen, Bulgaren. Rumänen und orthodoxer Menschen anderer Nationalitäten. Francke brachte von seiner Reise nach Amsterdam den bedeutenden armenischen Theologen und Typographen Lukas Nuridjanian an die Saale. Heute leben hier in Halle einige Hundert orthodoxer Christen. Aber zu orthodoxen Gottesdiensten oder zur Feier der heiligen Sakramente hatten bis vor wenigen Jahren die orthodoxen Gläubigen in und um Halle nach Leipzig in die dortige Gedächtniskirche des Hl. Alexij zu fahren. In einzelnen Fällen kam der orthodoxe Geistliche aber auch nach Halle. In Leipzig, der bedeutenden europäischen Messestadt, wurde der orthodoxe Gottesdienst bereits seit etwa 300 Jahren von den griechischen Kaufleuten, aber auch von den russischen Studenten, regelmäßig gefeiert. Eine ansässige russische orthodoxe Gemeinde existiert hier seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Seit 1913 besitzt sie die das Leipziger Stadtbild mitprägende Gedächtniskirche des Hl. Alexij von Moskau, die zum Gedächtnis der gefallenen Russen 100 Jahre nach der Leipziger Völkerschlacht errichtet wurde.
Heute vereint der christlich-orthodoxe Glaube in den Gottesdiensten in Halle in Brüderlichkeit Russen, Deutsche und Bulgaren. Es kommen ständig bis zu 60 aktive Gläubige sowie evangelische und katholische Mitbetende zur Feier der Orthodoxen Liturgie Die katholische Schwesternschaft aus dem nahe gelegenen Elisabeth-Krankenhaus wie auch die Diakonissen aus dem Evangelischen Diakoniewerk Halle sind häufige Besucherinnen. Viele von den orthodoxen Gottesdienstbesuchern leben schon seit langem in Deutschland. Sie sind in Geduld bemüht, den Reichtum ihres orthodoxen Glaubens und die Traditionen ihrer nationalen Kultur zu erhalten und zu pflegen. Andere Gemeindemitglieder, darunter auch Russlanddeutsche, die im orthodoxen Glauben getauft sind, sind erst vor kurzem nach Deutschland gekommen und haben zu ihrer großen Freude in dieser Gemeinde einen unerwarteten Raum für Gottesdienst, für Gebet und für geistigen Trost gefunden. Die hallische orthodoxe Gemeinde ist multinational und bietet eine Heimat für alle orthodoxen Christen, die in ihren Herkunftsländern der griechischen, serbischen, bulgarischen oder rumänischen orthodoxen Kirche oder einer der anderen autokephalen (selbständigen) Kirchen der weltweiten Orthodoxie angehören. Es gibt zwar keine „Deutsche Orthodoxe Kirche“ aber offizielle Vertretungen der genannten orthodoxen Kirchen aus unterschiedlichen Ländern sind in Deutschland zu Hause. Durch viele Einheiraten ist eine Inkulturation der Orthodoxie in Deutschland durchaus im Gange.
Das erste Ziel der orthodoxen Kirchengemeinde ist die Anbetung des dreieinigen Gottes und die Verehrung Seiner Engel und Heiligen nach der Tradition der östlichen Kirche, vorwiegend in kirchenslawischer Sakralsprache. Das zweite Ziel ist die Sammlung von orthodoxen Christen in einer Gemeinde. Dabei steht die Bezeichnung “russisch – orthodox” lediglich für die jurisdiktionelle Zugehörigkeit der Gemeinde zur Russischen Orthodoxen Kirche und ihrem Oberhaupt, dem Patriarchen von Moskau. Vertreten wird er in Deutsehland durch Erzbischof Feofan von Berlin. Die zuständige Pfarrei betreut seelsorglich alle orthodoxen Christen. Somit hat heute der Priester zusammen mit der neue orthodoxen Gemeinde folgende wichtige Funktionen: Vertretung des christlichen orthodoxen Glaubens im panorthodoxen Sinne, Feier von orthodoxen Gottesdiensten und Ausübung von Seelsorgediensten an orthodoxen Christen.
Den anderen Christen und Mitbürgern steht die Hauskirche als ökumenische Begegnungs- und Informationsstätte zur Verfügung. Dies ist das dritte Ziel: durch Gespräche Vorurteile gegenüber der östlichen Christenheit, ja überhaupt gegenüber den Menschen aus dem Osten abbauen und als integrative Zelle und Kulturbotschaft zu wirken.
Nach den ersten ökumenischen Spendenaktionen sind weitere Spenden sehr erwünscht zur Instandhaltung der Hauskirche und zur Sicherstellung der Mittel für regelmäßige Abhaltung der Gottesdienste, wozu die Bildung eines gewissen Fonds erforderlich ist, der etwa 2.500 EUR jährlich disponibel halten muss. Zur Aufsicht über die Spendensammlung und zur gemeinsamen Beratung wurde 1999 der Gemeinderat gewählt.